Thomas Schäfer

 

Michael Denhoffs Nachtbild: Nähe als Hindernis

 

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Als Michael Denhoff 1989 von Peter Ruzicka zum Hamburger "Gustav-Mahler-Fest" den Auftrag für eine Ensemblekomposition erhielt und ohne Zögern zusagte, führte dies in der konzeptuellen Phase der Komposition zu einer krisenhaften Situation: Weil Mahlers Musik eine geradezu obsessive Wirkung entwickelt hatte, blockierte dies gleichzeitig Denhoffs kompositorische Entscheidungsfreiheit. Im Rahmen einer Podiumsdiskussion anläßlich  der Uraufführung von Nachtbild (Mahler-Momente) [1] umschrieb Denhoff diese schaffenspsychologische Grenze so: "Diese Nähe zu Mahler war wie eine Mauer, die ich nicht überschreiten konnte, Und so ist dann letztenendes nichts anderes entstanden als eine musikalische Zustandsbeschreibung." [2] Auch im Hinblick auf eine weitere, nicht weniger interessante Variante kompositorischer Rezeption ist Nachtbild ein geradezu paradigmatisches Werk, in dem die als bedrängendes Hindernis erfahrene Nähe zu Mahler insofern ihre deutlichen Spuren hinterlassen hat, als das Innewohnen des Mahlerschen "Tons" nicht nur Akzidens oder Referenzpunkt, sondern integraler Bestandteil der Komposition selbst ist. Auch im Falle von Nachtbild muß daher der Entstehungskontext besondere Berücksichtigung finden, nicht zuletzt weil Blooms "Einflußangst" - die Denhoff letztlich zu einer Camouflagestrategie veranlaßte - hier als nicht unwesentlicher psychologischer respektive schaffenspsychologischer Faktor eine Rolle spielt.

 

Bis zur expliziten Aufforderung, sich mit Mahler kompositorisch auseinanderzusetzen oder doch mindestens mit Bezug auf dessen Werk zu schreiben, bedeutete Mahlers Einfluß für Denhoffs Arbeit keinerlei Probleme, zumal seine produktive Mahler-Rezeption nicht erst zu diesem Zeitpunkt, wie bei Thomas Jahn, sondern schon sehr früh - im Alter von siebzehn Jahren - einsetzte. [3] Verfolgt man Denhoffs künstlerische Vorbilder, so ergeben sich einige Parallelen zu anderen Komponisten seiner Generation [4] etwa zu Rihm, Ruzicka oder Trojahn -, bei denen Mahler besonders in der frühen kompositorischen Entwicklungsphase zu einer bestimmenden Leitfigur wurde, die sich dann jeweils in einem "Schlüsselwerk" besonders signifikant widerspiegelt. Denhoff selbst sieht den Zeitpunkt der Begegnung mit Mahlers Musik als wegweisend für die eigene künstlerische Entfaltung an. [5] Sicherlich nicht zufällig, wenn auch wohl unbewußt, setzte bei Denhoff in einer Phase der kompositorischen Selbstfindung zeitgleich zum Interesse an Mahler auch das für die Musik von Bernd Alois Zimmermann ein. Ebenso kennzeichnend für Denhoffs postmodernen, auf die Pluralität und Universalität der Mahlerschen Musiksprache zielenden Zugriff dürfte eine der kompositorischen Rezeption vorgeschaltete Vermittlungsebene sein, die vor allem von Leonard Bernsteins Gedanken zu Mahler - wie sie in den "Harvard Lectures" Musik - die offene Frage und dem 1967 in der Neuen Zeitschrift für Musik veröffentlichten Aufsatz Mahler - Seine Zeit ist gekommen (ursprünglich ein Schallplattentext zur ersten Einspielung aller Symphonien) auf einem hermeneutisch sehr emotionalen Zugang gründen - repräsentiert wird. Dabei dürften Bernsteins im abschließenden Kapitel der "Lectures" unter der Überschrift Die Krise des zwanzigsten Jahrhunderts formulierte Ausführungen zu Mahlers Spätwerk, das als paradigmatisches Oeuvre am Beginn des als "Zeitalter des Todes" bezeichneten 20. Jahrhunderts und für die Vision einer "Endzeit des Glaubens" steht, [6] Denhoff besonders affiziert haben. Bei Bernstein findet sich deutlich eine Art Hermeneutik des Todes, die am Beispiel von Mahlers Person und seinem Werk in dreifacher Weise entwickelt wird: In Mahlers Musik werde der eigene Tod prophetisch vorausgesehen, der Konflikt der Überwindung der Tonalität ausgetragen und der Untergang der zivilisierten Gesellschaft als nahe Realität erfahren (wie er für Bernstein mit der Vernichtung der Juden dann ein knappes halbes Jahrhundert bitterste Wirklichkeit geworden ist). [7] Mahlers späte Werke bilden in diesem Verständnis denn auch das Rezeptionszentrum von Denhoff: Ein erstes Werk, das nach der 1975 beginnenden intensiven Auseinandersetzung mit Mahlers Symphonien durch verschiedene Allusionen auf Mahler rekurriert, ist die Sinfonia I von 1976. Es folgen in größeren Zeitabständen die Komposition Einsamkeit für kleines Orchester (1982), in der das Adagio der Neunten Symphonie Gegenstand der kompositorischen Reflexion ist, 1989 entsteht dann Nachtbild (Mahler-Momente) und 1994 das autobiographisch stark geprägte Orchesterwerk Innenräume ... erinnernd - Teil einer um Samuel Beckett kreisenden Werkgruppe -, das neben Allusionen auf die Hammerschläge der Sechsten und die Bratschenintroduktion der Zehnten Symphonie an zentraler Stelle als Zitat den Neuntonklang aus dem Adagio des letzten, unvollendeten Werkes von Mahler markiert. [8]

 

Nachtbild (Mahler-Momente) für Kammerensemble stellt aufgrund des angesprochenen Entstehungskontextes und der daraus entsprungenen Werkstruktur im Rahmen von Denhoffs produktiver Mahler-Rezeption in jeder Hinsicht einen Sonderfall dar. Die Vorstellung, im eigenen Metier eine Position finden zu müssen, die dem Leitbild Gustav Mahler gerecht würde, führte nicht wie erhofft zu einer Befreiung, sondern zu einer Verengung des künstlerischen Spielraumes, zumal noch- lange nicht über die Form und den Charakter der Komposition entschieden war. Mehrere Versuche, mit eigenen Sprachmitteln "den Mahlerschen Tonfall zu treffen", scheiterten und führten dazu, daß die letzte Werkgestalt mit ersten Skizzen nichts mehr gemein hatte. [9] Einzig die eher kammermusikalische Anlage war durch den Auftrag festgeschrieben. Denhoff nahm die Partituren aller Symphonien (samt dem Lied von der Erde) zur Hand und studierte sie aufs neue, mußte dann aber feststellen:

 

"Es schien mir ein zum Scheitern verurteiltes Projekt, mit Bezug auf Mahler schreiben zu wollen. Und doch: noch zu keinem anderen Zeitpunkt war mir Mahlers Sprache so schmerzlich nah, nie zuvor hatte ich mich so bedingungslos ihrer Botschaft gestellt und ausgeliefert.“ [10]

 

Das Zitat zeigt den von Bloom reflektierten Konnex zwischen "Einflußangst" einerseits und Kompensation respektive Überwindung - indem man sich dieser Angst stellt - andererseits. Nur mit dieser Perspektive der psychologischen Brechung von vorgegebener und dann gesuchter Mahler-Nähe und dem Wissen um die Unmöglichkeit eines wirklich authentischen Werkes ist Nachtbild angemessen zu rezipieren. Denn auf den ersten Blick erscheint die Komposition wie eine Metacollage zu Mahlers Symphonien oder wie das Substrat einer in die Miniatur gepreßten Mahlerschen Symphonie: In dem knapp fünfzehnminütigen Werk finden sich Allusionen oder Zitate aller neun Symphonien - mit Ausnahme der Achten Symphonie, die Denhoff am wenigsten schätzt -, dem Lied von der Erde und dem Adagio der Zehnten, oft bis zur Unkenntlichkeit verfremdet und in geradezu kaleidoskopartiger Verschachtelung. Aber ebensowenig wie Berios Sinfonia ist Denhoffs Nachtbild eine Collage - weder vom technischen noch gar vom ästhetischen Anspruch her.

 

Andere Begriffe drängen sich hingegen in den Vordergrund, die die Poetik des Werkes treffender erfassen, beispielsweise der der Traumlogik oder des Vexierbildes: Schon der erste Klangeindruck von Nachtbild läßt einen bisweilen unentwirrbaren, ungreifbaren Assoziationsstrom erkennen, in dem kurze Motivausschnitte aufblitzen, sich verschiedene Gestalten überlagern und ineinander verschachteln können und letztlich - etwas überspitzt formuliert - nicht immer genau zu entscheiden ist, welcher Autor nun gerade spricht. Die so aus der Bahn gebrachte, nicht mehr Eigenes und Fremdes klar trennen könnende Wahrnehmung liegt in Denhoffs angewandtem kompositorischen Verfahren der Setzung von musikalischen Gestalten und deren unmittelbarer Verfremdung oder Dekomposition selbst. Es entspringt der Vorstellung eines gleichsam protokollarischen Komponierens, das die Gleichzeitigkeit mehrerer Gedanken in eine musikalische Form zu überführen sucht und für Denhoff wohl die einzige Möglichkeit darstellte, den obsessiven Mahlerschen Texten zu begegnen: "Es entstanden Klanggebilde" - an anderer Stelle hat Denhoff auch von "Klanghalluzinationen" [11] gesprochen - "zwischen denen Mahlers Physiognomie immer wieder schattenhaft, grell, grotesk, gebrochen, entrückt und sich selbst zersetzend auftaucht". [12] Entsprechend der Konzeption des Werkes, die auf das Momenthafte der einzelnen Annäherung und Entfernung konzentriert ist, liegt Nachtbild im formalen Bereich kein Mahlersches Modell zugrunde. Ausgebildet ist eine bogenartige Form, die sich aus einem dreimal variierten Werkbeginn entwickelt und über mehrere kurze, ebenfalls variativ gestaltete Eruptionen zur Mitte der Komposition und schließlich zu einem zerklüfteten Schluß hinführt, der im Gestus des "langen Blickes" nachdrücklich auf Mahlers letzte Sätze verweist.

 

Denhoff arbeitet - wie Trojahn auch, jedoch sehr viel ausgedehnter - mit vielfältigen motivischen und thematischen Anspielungen, deren Herkunftsgrenzen nicht immer klar definiert sind. Was an prägnanten Kernmotiven - es gibt eine Reihe von Signalen (sehr prägnant sind beispielsweise das initiale Trompetenmotiv aus der Fünften Symphonie und das scharf stakkato gestoßene Triolenmotiv am Anfang des viertes Satzes der Esten Symphonie [13], Sturzmotiven, chromatischen Motiven, Leitrhythmen sowie ein "entkleidetes" Marschmotiv - oder melodischen Entwicklungen in der Partitur erscheint, ist meist auf einen Mahlerschen "Urtext" zurückzuführen, manchmal aber auch nur als gestische Anspielung gemeint. So hat das mehrfach wiederkehrende Fortissimo-Sturzmotiv (zum Beispiel Takt 16 und 30), das in den Leitrhythmus der Neunten Symphonie hineinführt, keinen Zitatcharakter, sondern verweist als disponiertes Material oder als topische Vokabel auf ähnliche, immer wieder anzutreffende Passagen bei Mahler. [14]

 

Auf der anderen Seite gibt es Material, dessen Gerippe klare Zitatstrukturen aufweist, von Denhoff aber schon beim ersten Einsatz verfremdet wird. Ein instruktives Beispiel für ein solches, mehrfach verwendetes Modell zwischen Zitat und Allusion, bietet der Beginn von Nachtbild. Die klangliche Struktur erscheint durch das mit einem Bogen gestrichene Becken, die Flageoletts in den Streichern, das Pochen des Tamtams und die zurückgenommene Dynamik eher diffus. Auf der zweiten Zählzeit sind mit aufsteigenden Terzgängen in Piccolo und Trompete dann erste distinkte Klangereignisse zu hören. Die Harfe übernimmt auf der folgenden Zählzeit diese Vorgabe und schichtet fünf Kleinterzen als Akkord übereinander. In den nächsten viereinhalb Takten wird dieser allein aus Kleinterzen bestehende Akkord horizontal aufgelöst, bis sich dasselbe Verfahren der Setzung und Zersetzung wiederholt.

 

Notenbeispiel : Michael Denhoff, Nachtbild, T. 1-3

 

Erst nach einem Harmonieauszug ist zu erkennen, daß Denhoff hier mit dem Neuntonklang aus dem Adagio der Zehnten Symphonie - man wird ihn spätestens hier als einen der paradigmatischen Klänge der kompositorischen Mahler-Rezeption bezeichnen müssen - arbeitet, gleichzeitig aber den ursprünglichen semantischen Kontext aufgrund der wenig katastrophischen Klangstruktur weitgehend ausblendet. Die Asemantisierung des bei Mahler vorgeprägten Materials ist allerdings eher die Ausnahme: Bei Marschmotiven etwa, die von der Trompete und der Militärtrommel gemeinsam vorgetragen werden, versteht sich fast von selbst, daß hier der in eine Formel gestanzte musikalische Charakter adaptiert wird. Ohnehin ist für Denhoffs Auswahl, die - glaubt man dem Komponisten - aus einem bewußt-unbewußten, intuitiv gehörten Arsenal Mahlerscher Themen und Motive entsprungen ist, kennzeichnend, daß Strukturen verwendet werden, die schon Mahler mit einem großen eigensprachlichen Charakter ausgezeichnet hat. Erst die Zusammenstellung, die Vernetzung, die Schichtung, die Reihung und die durchdachte kompositorische Verarbeitung zeigen dann Denhoffs Handschrift. Gerade in den Momenten, in denen es Denhoff durch kontrapunktische Motivverflechtungen gelingt, viele verschiedene Sprachpartikel gleichzeitig oder kurz hintereinander wie Mahlersche Irrlichter aufblitzen zu lassen, wird der intendierte Wachtraum, in dem die Komposition entstand, besonders eindringlich nachvollziehbar. Exemplarisch wäre hierfür eine kurze Passage nach Beginn des reprisenartigen Schlußabschnitts heranzuziehen (Takte 253 bis 261). Der zweite Hauptteil des Werkes (Takt 159 ff.) realisiert auf unterschiedliche Weise den Wechsel von Suspensionsfeldem und anschließenden Steigerungsverläufen durch polyphone Verdichtung (etwa Takte 159 bis 212). Das letzte Suspensionsfeld vor dem auskomponierten Schlußritardando - beide Passagen sind zum Großteil aus dem Tonmaterial der Bratscheneinleitung der Zehnten Symphonie gewonnen - beginnt in Takt 246 mit einem, chromatisch aufwärtsgerichteten Motivansatz in der Baßklarinette, der sich aber erst sechs Takte später durch die melodische Weiterführung (Kleinterz abwärts, kleine Sexte aufwärts) als der Themenbeginn (Thema I) des Adagios aus der Zehnten entpuppt. Der Tonsatz gewinnt schnell und bruchlos an Dichte und wird mit dem Einsatz von kleiner Trommel und Tamtam in Takt 257 zu einer drängenden Bewegung geführt. Kaum auffallen dürfte bei dieser Passage allerdings, daß sie nicht aus dem vorhergehenden Material, sondern im wesentlichen aus Material des Schlusses der Dritten Symphonie gebildet ist (besonders das gedehnte Sturzmotiv in Celli und Horn deutet hierauf hin). [15]

 

Auch der Epilog von Nachtbild (Takt 262 ff.) ist in der Grundschicht ausschließlich aus dem Tonvorrat der fünfzehntaktigen Bratscheneinleitung des Adagio gebildet. Nähert man sich dem Schluß zunächst nur vom Klangeindruck her, so vermutete man für die letzten 32, mit vielen Fermaten und Pausen versehenen Takte eine Allusion auf einen der verlöschenden Schlußsätze des späten Mahler. Die Analyse erweist jedoch, daß Denhoff in drei Anläufen das Tonmaterial sukzessive zum vollständigen Bratschenthema auffüllt, um in drei weiteren, retrograden und sukzessive abnehmenden Schritten auf dem Schlußton des Themas (a beziehungsweise gisis) anzugelangen. Jeder Schluß eines Abschnitts ist durch eine Fermate kenntlich gemacht. Anhand der Harfenstimme läßt sich Denhoffs Verfahren exemplarisch nachvollziehen. Danach ergibt sich folgendes Schema:

 

Tafel

Michael Denhoff, Nachtbild: Tonvorrat des Epilogs (Takte 262-293)

 

Harfe

 

I: cis-d-h-g (Takt 263 mit Auftakt)

II: cis-d-h-g-fis-eis-d-ais-h (Takte 264-266)

III: cis-d-h-g-fis-eis-d-ais-h-ais-fis-g-cis-d/e (Takte 266-269)

 

vollständiges Bratschenthema: (Takte 270-280)

cis-d-h-g-fis-eis-d-ais-h-ais-fis-g-cis-d/e-cis-ais-g-fis-eis-d-b-a-f-b-gis-f-

a-g-a-f-b-g-a

 

III: f-a-g-a-f-b-g-a (Takte 281-285)

II: f-b-g-a (Takte 286-288)

I: g-a (Takte 289-291)

 

letzter Ton des Bratschenthemas: a (Takt 292) (Takt 293=GP)

 

 

Die klangliche Dichte wird in diesen sieben kurzen Phasen des Epilogs zunehmend reduziert. Alle Instrumente sind zwischen zwei- und dreifachem Piano angesiedelt, Bratsche und Cello spielen nur noch mit Flageolett (aber sempre dolce), und mehrfach findet sich in allen Stimmen die Vortragsbezeichnung smorzando. Zwei Tamtamschläge (Takt 274 und 292) als idiophonische Klangsymbole unterstreichen den Morendocharakter der Musik, die mit dem letzten Ton - dem lange verklingenden a des Adagio (Takt 15) - leise und verlöschend schließt.

 

 



[1] Die Uraufführung fand am 3. September 1989 im Forum der Hamburger Hochschule für Musik und Theater statt. Nachtbild wurde in der Partitur am 27. März 1989 im italienischen Diano Sereta abgeschlossen.

 

[2] Klaus Hinrich Stahmer „Die Nähe zu Mahler war wie eine Mauer“. Drei Podiumsdiskussionen über das Verhältnis Neuer Musik zu Mahler, in Vogt 1991, S. 422.

 

[3] Vgl. hier wie folgend Denhoff 1996 I. (= Brief an den Verfasser vom 11. November 1996)

 

[4] Ich verlege mich hier keineswegs auf die problematische Bestimmung zeitlicher Abläufe nach "Generationen", zumal die Entwicklungsphase vieler zwischen 1945 und 1955 geborener Komponisten exakt mit dem Höhepunkt der Mahler-Rezeption zusammenfällt. Und doch ist die allein durch die spätere Geburt bewirkte Nichtzugehörigkeit zur Avantgarde der fünfziger und sechziger Jahre sehr wohl ein Grund für den unmittelbaren Zugriff auf Mahlers Musik. Fast stereotyp findet sich bei vielen jüngeren Komponisten eine deutliche Absage an die serielle und postserielle Musik (Rihrn ist hier explizit auszunehmen). So rezipierte auch Denhoff die Musik der sechziger und beginnenden siebziger Jahre als "eher kopflastige, formalistische Avantgarde". (Denhoff 1996 I.)

 

[5] Vgl. Denhoff 1996 I.

 

[6] Leonard Bernstein: Musik – die offene Frage. München 1981, S. 305.

 

[7] Vgl. ebd -, 306. - Niemals zuvor, so Bernstein, habe der Mensch "vor dem Problem gestanden, den globalen Tod überleben zu müssen, den totalen Tod, das Auslöschen der menschlichen Rasse". (Ebd., 303.)

 

[8] Vgl. Innenräume ... erinnernd für großes Orchester, Takt 366 f.

 

[9] Denhoff 1996 II. (= Brief an den Verfasser vom 26. November 1996)

 

[10] Begleittext zu Nachtbild, den Michael Denhoff mir freundlicherweise zugänglich gemacht hat.

 

[11] In einem Brief an Peter Ruzicka vom 7. April 1989, hier zitiert nach Stahmer 1997, 6. (Vgl. außerdem Stahmer 1989.)

 

[12] Denhoff im Begleittext zu Nachtbild.

 

[13] Vgl. z.B. die Takte 14/15 (Trompete) und 54/55 (Piccolo, Klarinette, Horn und Trompete).

 

[14] Vgl. Michael Denhoff, Nachtbild, T. 16/17; Gustav Mahler, 1.) Neunte Symphonie, 1. Satz, T. 198-203; 2.) T. 312-316; 3.) Siebte Symphonie, 2. Satz, T. 28/29.

 

[15] Vgl. Michael Denhoff, Nachtbild, T. 253 (mit Auftakt)-261; Gustav Mahler, Zehnte Symphonie, 1. Satz, Motivkopf; Dritte Symphonie, 6. Satz, T. 214-220.

 

 

 

Der Text  ist entnommen dem Buch:

Thomas Schäfer, Modellfall Mahler – Kompositorische Rezeption in zeitgenössischer Musik

Wilhelm Fink Verlag, München 1999

Er wird hier mit freundlicher Genehmigung des Verlages zur Verfügung gestellt.

 

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