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Haiku

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nach dem letzten Ton

das entrückte Lächeln

in ihrem Gesicht

 

 

 

 

Vaters Bild.

Mutter rückt es ins

rechte Licht.

 

 

 

 

Sturmnacht.

Beide reden aneinander

vorbei.

 

 

 

 

schon wieder

aus dem Nachtfenster gefallen

die Mondsichel

 

 

 

 

ihre Worte

tänzeln in die

Erinnerung

 

her words
frolic away
into memory

 

(Erstveröffentlichung: Spring Issue, WHC-German 2008)

 

 

 

 

Im Frühlingsregen

turteln Tauben … und unsre

Regenschirme.

 

 

 

 

Sonne und Wind

spielen im Duett

mit unsren Schatten

 

 

 

 

vertraut

und immer klar

dein Blick

 

 

 

 

Kalte Nacht.

Der Mond verschwindet

im Vorhang.

 

(Erstveröffentlichung: Haiku heute, Ausgabe April 2008)

 

A cold night.
The moon disappears
behind the curtain.

 

(Erstveröffentlichung: Spring Issue, WHC-German 2008)

 

 

 

 

Mondnacht. –                            Mondnacht. –

Eichendorffs Verse                     Schumanns Lied

im Kopf.                                   im Ohr.

 

 

 

 

Vorhang auf

die Welt da draußen

vergessen

 

 

 

 

Abendröte

eine glückliche Woche

verspricht das Horoskop

 

 

 

 

Buchstaben

kreuzen sich

zum Rätsel

 

 

 

 

Mühlenstraße

Fingernägel knabbern

Berliner Mauer

 

 

 

 

weiße Wände

wir

graue Schatten

 

(Erstveröffentlichung: Haiku heute, Ausgabe Mai 2008)

 

 

 

 

das Schweigen

wächst

über sich hinaus

 

 

 

 

im Museum

Bilder

schauen mich an

 

(Erstveröffentlichung: Haiku heute, Ausgabe Juni 2008)

 

in the museum
pictures
looking at me

 

 

 

 

Nachthimmel

das Dunkeln des Blaus

einatmen

 

Night sky
we breathe
the darkness of the blue

 

(Erstveröffentlichung: Autumn Issue, WHC-German 2008)

 

 

 

 

nach dem Null-zu-Eins

im Garten erstes zartes

Zikadenschrappen

 

(Erstveröffentlichung: Haiku heute, Ausgabe Juli 2008)

 

after the zero-to-one
the first gentle scraping of cicadas
in the garden

 

 

 

 

nach Mitternacht

unter dem Bettlaken

suchende Hände

 

 

 

 

Waldesrauschen

Vogelstimmen

Gegenwart

hören

 

 

 

 

wie zufällig

löst sich ihr Haar im

Vorübergehen

 

 

 

 

jetzt wieder

der Duft deiner Haut

im Sommer

 

 

 

 

späte Liebe

der Himmel

errötet

 

 

 

 

Er raucht.

Sie hustet.

 

He is smoking.
She coughs.

 

 

 

 

die Aufzeichnungen

zwischen Buchdeckeln spuken

Erinnerungen

 

 

 

 

Briefe

erwecken verblichene

Herzzeit

 

(dankbar an I. B. und P. C.)

 

Letters
waken
lost loved times

              
(thanks to I. B. and P. C.)

 

 

 

 

Gehen

soweit die Füße tragen

weg von mir

 

Walk
as far as my feet will go
away from me

 

 

 

 

kleiner Vogel

sing dein Lied

für uns

 

Little bird
sing your song
for us

 

 

 

es schweigt

der Wald

… und wir?

 

The forest

is silent
.... are we also?

 

 

 

 

im Echo

der vertraute Klang

entwurzelt

 

In the echo
the familiar sound
uprooted

 

 

 

 

Laternenmasten

die Störche fliegen schon wieder

südwärts

 

Street lamps
the storks are flying
southwards again

 

(Erstveröffentlichung: Autumn Issue, WHC-German 2008)

 

 

 

 

es dunkelt

und kein Ende

in Sicht

 

It is growing dark
and no end
in sight

 

 

 

 

Friedhofsspaziergang

wir schweigen miteinander

 

 

 

 

Zettelkasten

der Herbst

in meinem Kopf

 

 

 

 

Nieselregen

ringsum

flüstert das Laub

 

 

 

 

nach dem Traum

aufgewacht in einer anderen

Jahreszeit

 

(Erstveröffentlichung: Haiku heute, Ausgabe Oktober 2008)

 

 

 

 

mein Herz

schlägt heute

eine kleine Terz tiefer

 

 

 

 

Kopfstand

zähl die Dämonen

du Narr

 

 

 

 

lautloses Grinsen

mit Blut schreibt der Teufel

Gedanken ins Gesicht

 

 

 

 

am hellichten Tag

bin ich ihm begegnet

meinem Schutzengel

 

 

 

 

schon verstrichen

das siebte Jahr der Seufzer

– und er singt weiter

 

        (an Petrarca)

 

 

 

 

in der Bibliothek

stehen Gedanken nicht

mit dem Rücken zur Wand

 

 

 

 

ihr ergrautes Haar

auf dem Dach gegenüber

glitzert das Mondlicht

 

 

 

 

Endstation.

Die Stimme weckt mich

aus meinem Roman.

 

 

 

 

sie beschreibt mir

den Himmel über Berlin

in der U-Bahn

 

 

 

 

nur

du und ich

jetzt

 

 

 

 

wie die farben

verblassen

zum horizont hin

 

how the colours

fade away

towards horizon

 

(Erstveröffentlichung: Winter Issue, WHC-German 2009)

 

 

 

 

der herbststurm kehrt vor meiner tür

 

(Erstveröffentlichung: Haiku heute, Ausgabe Dezember 2008)

 

 

 

 

 

 

 

 

© 2008  Michael Denhoff 

 


 

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siehe auch:

 

13 Stationen

 

Farben – Leere

Sieben Zweizeiler

 

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